Folge 2: Zur Situation des Bäckerhandwerks in Deutschland

Verehrte Leser!

Darf ich Ihnen gleich zu Beginn eine Frage stellen? Nein? Nun gut, dann eben nicht! Ich könnte Sie nun natürlich auf die beliebte US-Kinderserie »Sesamstraße« hinweisen, in der es heißt: »Wer nicht fragt, bleibt dumm«. Im selben Atemzug würden Sie aber mit einem Hinweis auf das deutsche Universitätswesen kontern, welches genau dem entgegengesetzten Prinzip folgt. Überhaupt, die deutschen Universitäten - ein Thema für sich! Wie, Sie meinen, auch das wäre ein unsinniger Satz? Leider haben Sie schon wieder recht, denn zugegebenermaßen ist jedes Thema ein Thema für sich. Was auch sonst? An dieser Stelle darf ich Sie herzlich beglückwünschen, denn zum allerersten Mal haben wir hier einen ersten Absatz überstanden, ohne auch nur die geringste Aussage zu treffen. Das ist sogar für dieses Forum eine bemerkenswerte Leistung. Tusch! Und noch einmal: Tusch!

Leider muß ich heute mit Ihnen jedoch ein höchst bedeutsames Sujet besprechen: die Neigung von uns Deutschen, immer dann den Weltuntergang (oder Schlimmeres) zu erwarten, wenn sich mal wieder eine durchaus erfreuliche Entwicklung abzeichnet. Denken Sie etwa an unsere heimischen Backstuben: Seit Jahrzehnten präsentieren sie uns weitgehend ungenießbare Getreideklumpen, die anderswo höchstens als Baumaterial durchgingen. Nun tauchen jedoch sogar schon in Karlsruhe(!) immer mehr Discountbäcker auf, die dieses wertlose Zeug zu Dumpingpreisen verscherbeln und der Konkurrenz damit arg zusetzen. In jedem anderen Land der Welt würde man darin eine Aufforderung an die Bäcker sehen, endlich vernünftige Ware anzubieten - und sich auf bessere Zeiten freuen. Nicht so in Deutschland. Hier hat man in erster Linie Mitleid mit den ehrwürdigen Backstuben und lamentiert über die vermeintlich schlechten Zeiten.

Der Grund für diese ewige Realitätsverzerrerei ist in einem Phänomen begründet, das lange als politische Bewegung mißverstanden wurde, tatsächlich aber zu den neurologischen Defekten gezählt werden muß: der Sozialdemokratie. Sie lehrt uns, immer dann das Allerschlimmste zu befürchten, wenn andere Menschen selbständige Entscheidungen treffen. Da dies immer häufiger vorkommt, sehen wir die Welt zunehmend schwarz. Die meisten Beobachter gehen heute davon aus, daß es zwei Hauptströmungen der Sozialdemokratie gibt: die klassische und die bäuerliche. Beide unterscheiden sich lediglich in der Perspektive. Während die klassische Sozialdemokratie davon ausgeht, daß die Mächtigen und Wohlhabenden im Kern schlecht sind und uns alle in den Abgrund treiben wollen, glaubt die bäuerliche Sozialdemokratie dasselbe von den Machtlosen und Habenichtsen. Klassische Sozialdemokraten findet man überwiegend in der SPD und Verbraucherschutzvereinen, bäuerliche in der CDU und diversen Mittelstandsbanden.

Vor diesem Hintergrund können wir auch die momentane Entwicklung des Bäckerhandwerks besser verstehen. Ein Teil der Bevölkerung entscheidet sich immer öfter, beim Discountbäcker zu kaufen. Der andere Teil der Bevölkerung spricht den Discountkunden ihre Urteilskraft ab und sieht schon Millionen arbeitslose Bäckergesellen die Straßen entlangziehen. Übrigens gilt das Theorem des sozialdemokratischen Denkens auch umgekehrt: So erwartete etwa in den dreißiger Jahren das Volk mit freudiger Spannung goldene Zeiten, offenbar weil niemand mehr eigene Entscheidungen traf. Die Folgen dieses Denkens schlugen wenig später wie eine Fünfzentnerbombe ein - auch in so mancher Bäckerei. Ach, die Deutschen und ihre Sozialdemokratie, was für ein Paar!

Herzliche Grüße aus Rintheim sendet Ihnen


Ihr badischer Beobachter