Folge 11: Soll der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt werden?

Verehrte Leser!

Soll der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt werden? »Ach Gott, meinetwegen gern«, möchte man meinen; solange man nicht mitwählen muß oder - schlimmer - selbst gewählt wird, kann es einem ja nun wirklich schnuppe sein! (Aber unter uns: Würden Sie einen Publikumspreis akzeptieren?) Wie auch immer, die ganze Frage ist und war mir immer schon herzlich egal, weshalb ich mich in dieser Folge lieber mit einem anderen, weitaus belangloseren Thema befassen möchte: der Erhältlichkeit von wohlschmeckenden Croissants in grenznahen deutschen Großstädten. Wer dies für ein bedeutendes Sujet hält, das besser im Deutschen Bundestag behandelt werden sollte, der mag mit seiner Auffassung richtig liegen; mir allerdings fällt es schwer einzusehen, wie das Problem ausgerechnet durch das Absurde Sprechtheater gelöst werden soll?

Zunächst ein Blick in die einschlägige Literatur. Die Autobiographie eines bekannten, aber glücklicherweise einflußlosen Spötters beginnt mit dem Satz: »Gegen Ende des letzten Jahrhunderts lebte ich in einer kleinen Stadt nahe der französischen Grenze - hier lernten wir Christine kennen, welche die ganze Gesellschaft dort in ihren Bann zog«. Kenner werden feststellen, daß das durchaus fein beobachtet ist. Wir erfahren relativ viel über jene Christine, doch relativ wenig über besagten Spötter. Was mag der Grund dafür sein? - Vollkommen irrelevant! Tatsache jedoch ist, daß die Croissants in jener kleinen Stadt nicht mit ihren französischen Pendants mithalten können, obwohl man doch bloß zunächst den Westwall, dann Gevatter Rhein und schließlich nur noch die Maginot-Linie überqueren muß, um zur erstbesten elsässischen Boulangerie zu gelangen.

Lassen Sie mich das Elend kurz zusammenfassen: Es gibt in Karlsruhe (das hier wieder einmal stellvertretend für die ganze Republik stehen möge) keine wohlschmeckenden Croissants, sehr wohl aber wenige Kilometer weiter westlich. Warum ist dies so? Ich behaupte: weil wir Deutschen ein Problem damit haben, Autoritäten anzuerkennen. Ein Beispiel: Wer von Ihnen, verehrte Leser, hält den Autor dieser Zeile für kompetenter als sich selbst? »Auf welchem Gebiet?«, werden Sie fragen - und schon diese Frage verrät den beleidigten Hochschulabsolventen. Fällt es Ihnen etwa schwer, geistig beweglichere Menschen als überlegen anzuerkennen? Mir schon! Ein Grund übrigens, warum ich an dieser Stelle mit größtmöglichem Wirkungsanspruch Woche für Woche Gedanken zur Zeit niederschreibe, die nicht einmal mich selbst überzeugen.

Doch zurück zum Thema. Warum backt der Karlsruher nicht einfach dieselben Croissants wie jenseits des großen Flusses? Weil er sich nicht eingestehen möchte, daß Pierre es besser kann. In dieser Hinsicht (und nur in dieser!) ist der Karlsruher durch und durch deutsch. Doch was ist so schlimm daran, bessere Ideen zu übernehmen? Wären wir alle etwas flexibler und mutiger, könnten wir sonntags auf französischem Niveau frühstücken und hätten außerdem statt mehr als vier vielleicht bald weniger als vier Millionen Arbeitslose. Aber nein, der Deutsche vertraut nur sich selbst und legt sich lieber ein Stück Gummi aus der heimischen Backstube auf den Frühstücksteller. Möchten Sie solche Leute Ihren Bundespräsidenten wählen lassen? Senden Sie mir Ihre Meinung: rintheim.direkt@web.de.

Herzliche Grüße aus Rintheim sendet Ihnen


Ihr badischer Beobachter